Tag 7: Champex Lac – Montroc km 149-173

Ich wache um 4 Uhr auf und merke, dass ich jetzt sehr, sehr schnell aufs Klo gehen sollte. Ich schaffe es nur noch meine Hose halb anzuziehen, humpele barfuß zum WC-Häuschen und erreiche dieses gerade noch rechtzeitig. Ich habe gerüchteweise von einem Virus auf der Hütte vor Les Chapieux gehört, aber wie ich mir den holen konnte, ist mir einigermaßen rätselhaft, da ich ja kaum Kontakt zu anderen Menschen hatte. An Schlaf ist jetzt auch nicht mehr zu denken. Auf eine weitere Nacht im Zelt habe ich sowieso keine Lust mehr. Ich schaue mal bei booking.com in Chamonix und tatsächlich da ist eine schöne Unterkunft für 90 EUR mit Frühstück im Zentrum frei. Ich schlage gleich zu und beschließe sofort bei Sonnenaufgang loszumarschieren. Heute abend schlafe ich im Hotel und morgen gönne ich mir noch einen schönen Abschlußtag in Chamonix!

Damit entfällt zwar die Variante über die Fenétre d’Arpette, die ich von der Haute Route noch kenne, aber ich will den TMB heute zu Ende bringen. Ich merke schon auf den ersten Metern, dass ich geschwächt bin. Dementsprechend zäh geht der Aufstieg zum Col de Portalo. Ich muss immer wieder anhalten und Pause machen. Außerdem schwächelt heute das Omegahoch, die Hochdruckphase geht wohl langsam zu Ende.

Die Alm von Bovine ist schon geschlossen und so muss ich den Ausblick nach Martigny ohne Extra-Verpflegung genießen. Es folgt der Abstieg zum Col de la Forclaz. Ich mache Mittagspause beim Campingplatz Le Peuty, den ich evtl. auch als Übernachtung geplant hatte. Ein anderer Trekker fragt mich über mein Hilleberg Enan aus, das ich mal wieder zum Trocknen aufgebaut habe.

Jetzt fehlt mir nur noch der Aufstieg zum Col de Balme mit der gleichnamigen Hütte. Aber der hat es in sich. Die Sonne sticht im Moment wieder gnadenlos zwischen den Wolken herunter. Auch wenn es wenig später in den Wald geht, ich bin völlig kraftlos. Also zähle ich immer 50 Schritte ab und mache dann eine kurze Pause. So quäle ich mich den endlosen Anstieg in unzähligen Teil-Etappen hoch. Als es aus den Wald geht und ich die Hütte zum ersten Mal erspähen kann, dauert es immer noch über eine Stunde bis ich endlich oben bin.

Am Col de Balme bestelle ich mir eine Cola und schieße dieses vielsagende Foto meines Zustandes 😉

Als Zielpunkt habe ich mir die Bahnstation in Montroc ausgesucht, von der ich mit dem Zug direkt nach Chamonix fahren kann. Der TMB würde eigentlich über den Bergrücken der Aiguillette des Posettes mit nochmal 200 Höhenmetern führen, aber dazu habe ich keine Lust und Kraft mehr. Und die Aussicht ist heute auch nicht mehr so toll. So nehme ich den direkten Weg über die Skipiste. Hier bin ich schon auf den letzten Metern:

Überglücklich erreiche ich den Bahnhof in Montroc und komme mit einem Schweizer Ehepaar ins Gespräch. Als ich Ihnen erzähle, dass ich gerade den TMB zu Ende gebracht habe, beglückwünschen sie mich. Die Zugfahrt ist kurz und bald stehe ich vor meinem schönen, gemütlichen Hotel.

ich gehe in Chamonix Pizza essen und schaue mir abends noch das Länderspiel Deutschland-Frankreich an, das Deutschland mit Rudi Völler als Trainer 2:1 gewinnt. Mein kleines Zimmer genieße ich nach der Woche im Zelt in vollen Zügen und auch das leckere Frühstück am nächsten Morgen.

Am nächsten Tag bleibe ich noch vormittags in Chamonix. Was für ein Unterschied, wenn das Wetter nicht mehr so gut ist.

Die Auffahrt zur Aiguille du Midi lohnt sich auch nicht mehr wirklich.

Fazit

Der TMB ist eine wirklich herausragende Bergwanderung mit fantastischen Ausblicken auf das Hochgebirge um den Mont Blanc, wenn das Wetter mitspielt. Die Infrastruktur ist hervorragend, es gibt viele Hütten oder auch alternativ Zeltmöglichkeiten entlang des Weges. Besondere Bergerfahrung ist eigentlich nicht erforderlich. Eine gute Kondition ist aber definitiv von Vorteil. 7-11 Tage ist realistisch, je nachdem wie schnell man vorwärts kommen möchte. Man kann die Tour auch in allen möglichen Varianten buchen, nur mit organisierter Übernachtung, zusätzlichem Gepäcktransport oder auch mit Führer. Leider ist der Weg generell etwas überlaufen mit vielen internationalen, wenig bergerfahrenen Touristen. Eine absolute „Modetour“.

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